Ein kurzer Verhandlungstag: Zuerst berichtet ein Zeuge, der den Überfall auf der Schloßteichinsel am 14. September 2018 zufällig miterlebt hat. Anschließend nimmt das Gericht Lichtbildmappen der Durchsuchung beim Angeklagten Martin H. in Augenschein. Zu sehen sind diverse Neonazidevotionalien.
Der erste und einzige Zeuge des Tages ist Aaron K., ein 38-jähriger, der mit straffällig gewordenen Jugendlichen arbeitet. Er war am 14. September 2018 auf der Schloßteichinsel. Er berichtet, dass er aus Richtung Innenstadt gekommen sei und noch vor der Brücke zur Schlossteichinsel eine Gruppe von 10 bis maximal 20 Personen gesehen, die er eindeutig dem rechten Spektrum zugeordnet habe. Einige hätten Handschuhe getragen und einige hätten Bierflaschen in der Hand gehabt. Sie seien in „Marschkultur“ geschlossen in Richtung Schlossteichinsel gelaufen.
Es
sei allgemein bekannt, dass dies ein Treffpunkt ist, der auch häufig
von alternativeren Personen und auch Menschen mit Migrationshintergrund
besucht wird. Für ihn sei sofort klar gewesen, dass ein Überfall oder
etwas ähnliches passieren werde. Daher sei er der Gruppe gefolgt. Er sei
gerade dabei gewesen, die Polizei anzurufen, als er Beamte der
Polizeibehörde gesehen habe und ihnen von der Gruppe erzählte. Als er
wieder zurückgelaufen sei, habe er gesehen, dass die Gruppe sich unter
einer Lampe im Halbdunkeln gesammelt habe. Die Personen schienen sich zu
beraten und seien dann in kleineren Grüppchen ausgeschwärmt. Als er
Geschrei gehört habe und die ersten Jugendlichen panisch in seine
Richtung gelaufen seien, habe er sich erneut an die Leute vom
Ordnungsamt gewendet und ein Eingreifen gefordert. Er sei sehr
erschrocken, dass diese ihn abwiesen und nichts unternahmen. Erst im
Nachhinein sei ihm der Unterschied zu Polizisten klar geworden, in dem
Moment habe er das nicht wahrgenommen.
Von den tatsächlichen
Übergriffen habe er kaum etwas gesehen. Er habe Rufe, Beleidigungen und
Flaschen klirren gehört. Als die ersten riefen, dass die Polizei komme,
habe es innerhalb der Gruppe ein Hin und Her gegeben, ob man weglaufe
oder ob noch etwas passieren müsse. Ein Teil der Gruppe sei
zurückgerannt und im Halbdunkel habe er teilweise Gerangel gesehen. Es
habe lautstarke Wortgefechte mit zwei jungen Männern mit
Migrationshintergrund gegeben, dies machte er an dem Akzent fest. Die
Polizisten hätten aber die Gruppe schnell eingekreist und festgenomme.
Er habe den Eindruck gehabt, dass noch Leute flüchten konnten. Er sei
dann zu den Beamten gegangen und habe angeboten eine Aussage zu machen.
Er habe an dem Abend sein Kind im Kinderwagen dabei gehabt. Auf
Nachfrage von RA Sprafke sagte er, dass er sich selbst nicht in das
„Opferschema“ eingeordnet und deshalb für sich selbst keine so große
Gefahr gesehen habe. Er habe Zivilcourage zeigen wollen.
Anschließend nimmt das Gericht verschiedene Lichtbildmappen in Augenschein. Als erstes Bilder von der Durchsuchung des Zimmers von Martin H. in der Wohnung seiner Familie am 20. September 2018. Zu sehen sind unter anderem NPD-Plakate und szenetypische Aufkleber: „Zecke vors Maul“, „Raus aus dem Euro“, „Todesstrafe für Kinderschänder“. Diese wurden auf seinem Kleiderschrank dokumentiert.
Die zweite Mappe enthält zeigt den Garten, inklusive Gartenlaube, von Martin H. am 20. September 2018. Hier wurden Bilder von Soldaten, Sleipnir und Hitler dokumentiert, sowie eine NPD-Flagge und mehrere szenetypische Aufkleber an Spiegel und Kommode. Sie zeigen unter anderem den Reichsadler oder den Spruch „Better run Antifa Scum“.
Die Verteidigung von Tom Wo. stellt Beweisanträge zu seinen Gefängnisakten, seinem Psychologen und den ehemaligen Arbeitskollegen. Diese sollen bestätigen, dass Tom Wo. am 3. Oktober 2018 gearbeitet hätte.