Vier Zeugen stehen heute auf dem Programm. Im Zentrum steht weiterhin der Überfall auf der Schloßteichinsel. Ein Zeuge, der direkt vor Ort bedroht worden ist, berichtet. Außerdem geben drei Beamte die Aussagen von drei weiteren Tatverdächtigen wieder, die wie die Angeklagten zur angreifenden Gruppe gehört haben sollen. Der Prozess endet mit der Inaugenscheinnahme dreier neonazistischer Propaganda-Videos, die sich auf dem Telefon eines Angeklagten befunden haben.
Der Prozesstag beginnt mit der Vernehmung eines Zeugen, welcher am 14. September 2018 seinen Geburtstag auf der Schloßteichinsel gefeiert hat. Er berichtet an, dass ein Freund, der die Insel schon verlassen hatte, angerufen habe, um ihn vor zwei Gruppen dunkel gekleideter Menschen zu warnen. Diese Gruppe würde sich auf sie zu bewegen, habe der Freund am Telefon gesagt. Wenig später, so der Zeuge, sei die Gruppe dann tatsächlich bei ihnen angekommen. Die erste Gruppe habe ruhig gewirkt und die Ausweise gefordert. Dieser Forderung seien er und seine Freunde aber nicht nachgekommen. Die zweite Gruppe sei dann „in Formation und schneller Schrittgeschwindigkeit“ eingetroffen. Er habe aber „keine Kommandos“ vernommen, so der Zeuge. Sie seien daraufhin Richtung Schloßteichstraße geflohen und hätten einen Notruf an die Polizei abgesetzt, die dann auch zeitnah eingetroffen sei. Einige aus seiner Gruppe hätten sich anschließend zurück auf die Insel begeben. Sie wollten nach zwei, drei Freunden schauen, die sie noch auf der Schloßteichinsel vermuteten. Dabei seien sie auf „eine Gruppe Ausländer“ getroffen, bei der eine Person verletzt gewesen sei. Wegen der „Sprachbarriere“ habe der Zeuge allerdings nichts näheres von dem Verletzten erfahren können.
Der nächste Zeuge ist Kriminalhauptkommissar (KHK) R., der beim Staatsschutz arbeitet. Er war an der Hausdurchsuchung, sowie der Vernehmung des Stefan K. am 20. September 2018 beteiligt. Stefan K.. war bereits als Zeuge geladen, hatte jedoch von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Der Beamte berichet, dass Stefan K. angegeben habe, die Angeklagten von den Demonstrationen von „Pro Chemnitz“ zu kennen. Der Angeklagten Martin H. sei seine Bezugsperson gewesen. „Der Martin war so der Chef“, so Stefan K.s Einschätzung. Während Stefan K. den Ablauf des „Probelaufs“ beschrieben habe, habe er erwähnt, dass „der Martin Quarzhandschuhe an hatte“. Auch andere hätten „Quarzer“ getragen, eine Person „eine Stichschutzweste“. Weiter habe er berichtet, dass sie auf der Schloßteichinsel von „Dunkelhäutigen mit Flaschenhälsen angegriffen“ und „mit einem Messer verfolgt“ worden seien. KHK R. gibt zu Protokoll, dass Stefan K. auf die Frage, wie das Messer denn ausgesehen habe, dieses „sehr detailliert“ beschrieben habe, „wenn man bedenkt, dass es schon sehr dunkel war.“ Dem Beamten wird vorgehalten, dass Stefan K. gesagt haben soll: „Das Messer sah so ähnlich aus, wie das, dass heute bei mir sichergestellt wurde.“ Der Zeuge könne sich daran jedoch nicht erinnern, er meint Stefan K. habe ein Pfefferspray dabei gehabt.
Als nächstes nimmt die Kriminalkommissarin S. im Zeugenstand Platz. Sie war am 15. September 2018 die Vernehmungsbeamtin des Willi Maximilian W., der ebenfalls als Verdächtiger beim Angriff auf der Schloßteichinsel galt. Viel Neues, kann sie jedoch nicht berichten. Willi W. habe berichtet, dass es auf der Schloßteichinsel zu einem Wortgefecht gekommen sei. Einer Gruppe „Refugees“ sei „Ausländer raus!“ entgegen gebrüllt worden, dass sei mit „Nazischweine“-Rufen beantwortet worden. Die „Refugees“ hätten dann Glasflaschen zerschlagen und geworfen, gibt die Beamtin die Aussage wieder. Auf die Nachfrage der Nebenklage, ob der Willi W. gesehen habe, wie Flaschen zerschlagen wurden, antwortet die Beamtin S.: „Nein.“ Die Verteidigung des Christopher Wei. fragt, ob bei den Beschuldigten Waffen gefunden worden seien. Die Beamtin S. verneint dies. Ob der Tatort nach Waffen untersucht wurde, das könne sie nicht beantworten.
Dann wird der Polizeibemate Ralf P. vernommen. Er hat am 15. September 2018 den Beschuldigten Toni W. vernommen. Toni W. habe angegeben lediglich auf Wunsch von Tommy F. mit zum Edeka an der Georgstraße gegangen zu sein und dann weiter mit der Gruppe zur Schloßteichinsel. Einige aus der Gruppe hätten T-Shirts mit der Aufschrift „Ostdeutschland“ getragen. Auf dem Weg zur Insel sei er mit Tommy F. lediglich hinterher gelaufen. Sie hätte sich nur „über Fußball oder Frauen“ unterhalten. Toni W. habe außerdem gesagt, dass „die Ausländer“ angegriffen hätten und sich die Gruppe daraufhin zurückgezogen habe. Auf die Frage, warum man sich trotz zahlenmäßiger Überlegenheit zurückgezogen habe, hätte W. gesagt, dass „einer der Ausländer“ etwas wie ein Messer gehabt habe. Zur Frage der Kopfverletzung eine der ausländischen Personen habe W. nicht antworten können. Der Beamte P. erklärt, dass er auch den Beschuldigten Martin Klaus H. nach dem Vorgang auf der Schloßteichinsel vernommen haben. Der habe „nach zwei, drei Fragen“ allerdings die Aussage verweigert.
Zum Ende des Prozesstages werden noch drei Videodateien des bei Marcel Wa. sichergestellten Telefons in Augenschein genommen. Das erste Video zeigt ein Elektrokardiogramm dessen Herzspannungskurve in Form eines Hakenkreuzes verläuft. Kommentiert ist dies mit: „EKG, Herz ist in Ordnung.“ Das zweite Video zeigt einen manipulierten Beitrag von Bild.de, in dem ein Linienbusfahrer gelobt und bejubelt wird, als er durchsagt: „Alle Ausländer einsteigen! Es geht nach Auschwitz.“ Der Vorsitzende Richter Schlüter-Staats gibt zu Protokoll, dass bekannt ist, dass dieses Video „ein Fake“ ist und die Verantwortlichen juristisch zur Verantwortung gezogen worden. Im dritten Video ist ein circa 4-jähriges Kind zu sehen, welches mit einer Hitlermaske verkleidet und den Hitlergruß zeigend durch sein Kinderzimmer läuft und immer wieder „Deutschland, Deutschland, Deutschland, …“ ruft. Nicht wenige, auch Justizbeamte lachen.
Mit der Ankündigung, dass sich der Angeklagte Sven We. am 11. Dezember einlassen will endet der dreizehnte Verhandlungstag.