Der Prozess beginnt mit der negativen Entscheidung über einen Befangenheitsantrag. Die Verteidigung Sven We. will nur noch schriftlich auf Fragen antworten, was das Gericht jedoch nicht akzeptiert. Dann folgt die Fortsetzung der Befragung des KOK M., der ausführlich über die Vernehmung von Sven We. berichtet. Außerdem schildert er die Ergebnisse von der Auswertung des Telefons von Christian K. und eines seiner USB-Sticks.
Der Prozesstag beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter. Der Antrag wurde abgelehnt. Im Anschluss verlesen die Verteidiger von Sven We. schriftliche Antworten auf Nachfragen zu seiner Einlassung. Unter anderem geht es um Quarzhandschuhe vom Schlossteichüberfall, warum hat er sie in seiner Einlassung nicht erwähnt? Er habe sie bei seiner ersten Vernehmung am 15. September erwähnt, heißt es, später sei er danach nicht gefragt wurden. Er habe sie aus Gründen des Selbstschutzes dabei gehabt. Er habe gedacht, als Ordner dürfe er diese tragen. Warum am Schlossteich diese und andere Waffen versteckt wurden? Hierzu verweist die Verteidigung nur auf die frühere Aussagen ihres Mandaten. Der Vorsitzende fragt nach dem weiteren Vorgehen. Schriftliche Antworten auf Fragen des Gerichts seien so in Strafprozessordnung nicht vorgesehen. Die Verteidigung erklärt aber, dass Sven We. Fragen nicht direkt beantworten werde. Es folgt ein Beweisantrag mit dem der Präsident des Landesamts für Verfassungsschutz als Zeuge geladen werden soll. Das Gericht stimmt der Ladung zu.
Anschließend wird die Befragung von KOK M. fortgesetzt. Er berichtet über die Vernehmung von Sven We. am 16. November 2018 in der JVA. Nach der Belehrung des Beschuldigten habe Sven We. über seine persönliche Entwicklung, aktuelle Kontakte und eine eigene Einschätzung seiner politischen Gesinnung ausgesagt. Es habe mehrere Treffen zwischen Christian K. und Sven We. gegeben, bei denen Christian K. erklärt habe, dass er den Chat und die Gruppe in die Wege leiten wolle. Gemeinsam mit Leuten, „die was bewegen wollen“, „gemeinsam auf die Straße gehen“ und „aktiv werden“. Bei diesen Treffen habe Christian K. auch schon angedeutet, dass Waffen beschafft werden sollten, habe das aber nicht konkretisiert. Christian K. und Sven We. hätten sich in der JVA kennengelernt und hätten sich bei den Demonstrationen in Chemnitz wiedergetroffen. So sei er mit Christian K. als Kontaktperson in den Chat „Revolution Chemnitz“. Dies sei eine Reaktion auf die Gegebenheiten: „wenn der Staat versagt, ist Aufbäumen gegen den Staat Bürgerpflicht.“
Der Frage nach „gezielten Schlägen gegen Links“ sei Weigt ausgewichen. Er sagte, er könne sich darunter nichts vorstellen. Bei seinen Ordnertätigkeiten auf den Pro Chemnitz-Demonstrationen sei er immer vorn rechts mitgelaufen, um alles mitzubekommen und verbotene Sprüche zu unterbinden. Die Frage, ob er wisse, wo Waffen besorgt werden könnten, habe er verneint. Er kenne nur einen SoftAir-Laden im VitaCenter in Chemnitz, „da geht das wohl“. Es gab keine genaueren Nachfragen diesbezüglich und der Laden sei auch nicht überprüft worden. Wieso im Einladungstext zum Chat „Revolution Chemnitz“ geschrieben stand, dass der NSU gegenüber dieser Gruppe, wie ein Kindergarten wirken werde, habe er nicht verstanden. Sven We. habe bestätigt, dass er in der Gruppe mitmachen wollte. Es sei in der Vernehmung nicht hinterfragt worden, warum er Details des Textes kennt, aber gleichzeitig behauptet, er habe ihn nur überflogen.
Sven We. habe gedacht er wäre von Christian K. in den „inneren Kern“ aufgenommen worden wegen seiner Ordnertätigkeit bei den Demonstrationen. Wahrscheinlich habe es aber daran gelegen, dass er mit einer Supporter-Rolle bei den Hells Angels geprahlt habe. Die Ermittlungen hätten aber aber keine entsprechenden Kontakte ergeben. Sven We. habe ausgesagt, dass nach seinem Eindruck im Chat alle gleichberechtigt waren, Christian K. habe aber eine führende Rolle. Die Verhaltensregeln aus dem Einladungstext seien ihm konkret nicht bewusst gewesen. Am Tatabend des Schloßteichüberfalls habe er noch mit seiner Freundin telefoniert und gesagt, dass er nur noch ein Bier trinken wolle und dann nach Hause komme. Daraufhin habe er gesagt, dass er wieder zu seiner Gruppe aufschließen wollte. Dieses Telefonat sollte als entlastender Beweis (für seine Unwissenheit) aufgenommen werden. Während der Vernehmung habe Sven We. immer wieder um Pausen gebeten, zur Erholung und um sich mit dem Rechtsanwalt zu beraten. Längere Fragen hätten zu kurzen umformuliert werden müssen. Diese habe er dann aber auch zusammenhängend beantworten können. Vor und nach der Vernehmung habe er geweint.
Nächstes Thema über das KOK M. berichtet, ist die Auswertung eines Telefons, dass am 1. Oktober 2010 in der Wohnung der damaligen Lebensgefährtin und jetzigen Ehefrau des Angeklagten Christan K. aufgefunden wurde und dem Angeklagten zugeordnet wurde. Das Telefon schien bereinigt, erklärt der Ermittel. Es wurde daraufhin eingeschaltet und mit dem Internet verbunden. Nach Verifizierung von WhatsApp hätten 42 teilweise verfahrensrelevante Chats wiederhergestellt können. So wurde deutlich, dass am 10. September 2018 neun Personen mit den gleichen Text angeschrieben wurden, verbunden mit der Bitte sich Telegram herunterzuladen, um dann in den Chat eingeladen zu werden. Von den Angeklagten hätten Maximilian V., Christopher Wei., Sten E. und Sven We. die Nachricht erhalten. Die fünf weiteren Personen hätten nicht auf die Nachricht reagiert. Eine Person davon habe auch auf Nachfrage einen Tag später nicht reagiert. Die Person habe schließlich bei einer Vernehmung ausgesagt, dass sie damit nichts zu tun haben wolle. Ähnlich sei es auch bei einer zweiten Person gewesen, sie habe zunächst nicht reagiert und dann zwei Tage später eine Sprachnachricht mit unbekanntem Inhalts geschickt. Im Anschluss daran habe es ausschließlich „normale“ Kommunikation in einem privaten Chat gegeben, so der Beamte. Die Person habe ebenfalls ausgesagt, dass sie nichts damit zu tun haben wollte.Eine in Polen geborene Person habe nicht reagiert. Sie sei von Christian K. zudem direkt nach Kontakten in die polnische Hooliganszene wegen des 3. Oktobers in Berlin gefragt worden. Es habe aber im Chat nur einen Verweis auf ein persönliches Gespräch gegeben. Bei der Vernehmung habe die Person ausgesagt, dass sie keine Kontakte entsprechende habe. Eine vierte und fünfte Person hätten nicht reagiert. Eine Person davon konnte nicht vernommen werden, so KOK M., weil sein Wohnort nicht ermittelt werden konnte.
Zum Abschluss der Befragung widemt sich das Gericht einem USB-Stick, der bei Marcel Wa. in einer sichergestellt wurde. Die Inhalte des Sticks hätten Christian K. zugeordnet werden können. Es habe sich augenscheinlich um Backupdaten von dessen Handys gehandelt. Beispielsweise seien im Unterordner „Revolution Chemnitz“ Gruppenbilder mit bengalischen Feuern und nationalsozialistischen Hintergründen, sowie Collagen mit eindeutigem Inhalt gefunden worden. Weiterhin sei ein Dokument „Lebenslauf K.“ sichergestellt worden, in dem sich auch die Verhaltensregeln befunden hätten, die im Einladungstext zum Chat „Bündnis zur Bewegung“ veröffentlicht worden.
Das Gericht nimmt am heutigen Verhandlungstag Bildmaterial von der Hausdurchsuchung bei Sven We. in Augenschein. Zu sehen sind u.a. T-Shirts mit eindeutig nationalsozialistischen Inhalten, etwa „Die braunen Stadtmusikanten“, „Skrewdriver“, „Braun ist Trumpf“, Zeichnungen von Hakenkreuzen, Helmen mit SS-Runen, sowie diverse Fotos auf denen Sven We. mit Hitlergruß posiert. Es wurden auch diverse Demoaufrufe, eine reißerische Einladung zu einem Treff beim Rewe ohne Datum und diverses Propagandamaterial gefunden.