Ein Angeklagter will sich vor Gericht einlassen: Sven We. beginnt seine Aussage, diese wird jedoch schnell unterbrochen. Offenbar verkraftet der Angeklagte die Befragung nicht.
Zu Beginn der Verhandlung wirft ein Verteidiger dem Vorsitzenden Richter vor, dass dieser mit dem Angeklagten Sven W. wegen dessen heutiger Einlassung geredet haben soll, ohne dass dessen Rechtsanwält*innen dabei gewesen seien. Richter Schlüter-Staats dementiert dies mit den Worten, dass er lediglich mit den Rechtsanwält*innen des betroffenen Angeklagten geredet habe. Letztere äußern sich zu diesem Sachverhalt nicht.
Nach einer kurzen Diskussion zwischen Verteidiger und Vorsitzenden Richter folgt ein, von nahezu allen anwesenden Rechtsanwält*innen der Angeklagten geäußerter Vorwurf: Die Angeklagten hätten keine oder nur eingeschränkte Möglichkeit auf die Laptops mit den elektronischen Akten zur Verhandlung zuzugreifen. Teilweise habe man diese nie erhalten, da sie von den jeweiligen JVAs ganz eingezogen oder der Zugriff stark eingeschränkt worden sei. Auf jenen Vorwurf bezugnehmend fragt Richter Schlüter-Staats, warum erst jetzt – rund zwei Monate nach Versand der Laptops – von den Rechtsanwältinnen der Angeklagten dies angemerkt und kritisiert wird. Daraufhin erfolgte keine weitere Reaktion, so dass der Verhandlung nun tatsächlich mit dem heutigen Tagesordnungspunkt beginnen konnte: der Einlassung des Angeklagten Sven We.
Der Angeklagte wippte bereits seit Beginn des heutigen Prozesstages aufgeregt mit dem Oberkörper vor und zurück. Er wird vom Vorsitzenden gefragt, welche der hier anwesenden Angeklagten er bereits vor den Taten am Schwanenteich gekannt habe. We. antwortet mit einigem Zögern und äußerst unruhig, dass er H., He., Christian K. und Sten E. bereits persönlich gekannt habe. Auf Nachfrage erklärt Sven We. er sei auf Christian K. erstmals in der gemeinsamen Haftzeit zwischen 2009 und 2010 in der Jugendstrafvollzugsanstalt Regis-Breitingen getroffen. Dort habe Sven We. eine Haftstrafe von 6 Monaten abgesessen. In dieser Zeit habe er Christian K. lediglich beim gemeinsamen Dienst in der Wäscherei angetroffen. Nach der gemeinsamen Zeit in Haft, so Sven We. weiter, habe er „[s]eines Wissens nach, erst wieder Kontakt mit ihm [Christian K.] bei den Demos gehabt“. Gemeint seien die Demonstrationen im August und September 2018 in Chemnitz.
Auf die Frage, ob Sven We. mehr als nur Begrüßungen und Verabschiedungen mit Christian K. ausgetauscht habe, reagiert der Befragte deutlich nervöser und antworten nicht. Daraufhin interveniert die Verteidigung von Martin H. und bezichtigt den Richter Suggestivfragen zu stellen, lege der Richter doch die gewünschten Antworten bereits in die Formulierung der Frage. Richter Schlüter-Staats dementiert dies mit der Begründung, dass er offene Fragen stelle und fragt Sven We. erneut, ob er mehr mit dem Angeklagten Christian K. in der JVA zu tun gehabt habe. Die Nervösität Sven We.s steigerte sich nun rasch in eine enorme Angespanntheit und ein merkliches Unruhigsein. Er sagt kein Wort mehr. Dies bemerken auch die Rechtsanwälte des Angeklagten von Martin H. und fordern eine Unterbrechnung der Verhandlung, da man merke, dass der Angeklagte Sven W. sich nicht auf die Einlassung konzentrieren können. Offenbar sei er nicht fähig einen klaren Gedanken zu fassen und könne deshalb nicht aussagen.
Richter Schlüter-Staats unterbricht den Prozess zunächst für 20 Minuten. Die Angeklagten verlassen den Saal und die Richter ziehen sich zurück. Der Angeklagte Sven W. muss wohl von einem herbeigerufenen Rettungssanitäter behandelt werden. Nach knapp einer Stunde Wartezeit verkündet der Senat das Prozessende für den heutigen Tag. Die Verhandlung soll morgen fortgesetzt werden. Die Einlassung des Angeklagten Sven We. wird verschoben auf den 8. November 2019.